Freunde, Bekannte, Unterstützer

Wenn ich heute meinen Alltag organisiere und plane, dann vergesse ich oftmals, welchen „Reichtum“ ich in den letzten Jahren vom Leben erhalten habe. Durch mein soziales Netzwerk, welches sich in den letzten 27 Jahren wie ein rollender Schneeball vergrößert hat, bin ich heute in der Lage, ein eigenverantwortliches Leben zu führen. Seit meiner Geburt bin ich Tetraspastiker und dadurch im Alltag auf fremde Hilfe angewiesen. Im Mai 2002 löste ich mich vom Betreuten Wohnen und es begann ein neuer Lebensabschnitt. Ich zog in meine eigenen vier Wände. Seitdem führe ich mit Hilfe des Arbeitgebermodells ein Selbstbestimmtes Leben mit Eigenverantwortung. Die Entscheidung, mein Leben in eigener Regie zu führen, brachte einen vierjährigen Streit mit dem örtlichen Kostenträger. Ohne mein soziales Netzwerk hätte ich diese Komplikationen nicht durchgehalten.

Rückblickend betrachtet, liegen die Wurzeln meines bisherigen Weges und Erfolgs schon in meiner Schulzeit. An der August-Hermann-Werner Schule in Markgröningen lernte ich bereits die ersten Eckpfeiler meines Unterstützerkreises kennen. In der Schach AG entdeckte ich meine Leidenschaft zum Schach. Der zuständige Lehrer förderte mich sehr und wurde für mich nicht nur ein guter Vereinskollege, sondern auch ein guter Freund. Mein damaliger Konrektor leistete später einen großen Beitrag zu meiner Selbstbestimmung. Er war Mitgründer und Vorsitzender des Vereins Insel e.V., welcher 1983 ins Leben gerufen wurde und seither Ambulantes Wohnen für Menschen mit Behinderungen anbietet. 1994 zog ich in eine Wohngemeinschaft der Insel. Ein Jahr später bekam ich von meinem ehemaligen Konrektor in der Insel als Büroangestellter einen Arbeitsplatz.

Schon in der Schule begann die Ära der Zivildienstleistenden und FSJlerinnen (Freiwilliges Soziales Jahr), die meinen Freundeskreis sehr stark vergrößert haben. Auch in der Wohngemeinschaft breitete sich mein soziales Netzwerk durch die Zivis und FSJlerinnen weiter aus. Allerdings war es mir damals nicht bewusst, welchen Wert dieser Kreis später für mich haben würde. Auch die Umstellung der Insel von Zivildienstleistenden auf hauptamtliche Mitarbeiter stand neuen Freundschaften nicht im Wege. Dies war eine Tatsache, die ich aufgrund des Altersunterschieds im ersten Moment für unmöglich hielt.

Durch den Auszug meines Mitbewohners und guten Freundes, welcher sich an die Evangelische Gesellschaft Stuttgart gewandt hatte, lernte ich den zuständigen Mitarbeiter der ISB-Stelle kennen. Dieser unterstützte mich tatkräftig bei meinem Einzug in meine eigenen vier Wände. Das Soziale Netzwerk ist meine zweite Familie geworden. Gerade in der Anfangszeit meines eigenverantwortlichen Lebens, war dieser Kreis wie eine Mauer, welche hinter mir stand. An den Wochenenden hatte ich zu Beginn nicht genügend Assistenten zur Verfügung. Mein Freundeskreis hatte diese Lücke stets geschlossen und mich weiter vorangetrieben.

Doch meine Freunde waren und sind nicht nur eine Stütze für meine eigenen Ziele, sondern sie helfen mir auch schon mal auf den Boden der Tatsachen zurück zu kehren und scheuen sich nicht, mir ihre Meinung ins Gesicht zu sagen. Des Öfteren bemerke ich in Gesprächen, dass sie meine Behinderung nicht mehr direkt wahrnehmen. In solchen Situationen fühle ich mich noch mehr Inkludiert.